Sexismus im Supermarkt
Auf dem Einkaufszettel, den mir
meine Gudste samt der Payback-Card übergeben hatte, damit ich meinen Beitrag
für unseren Lebensunterhalt leisten könne, standen Bananen - fünf Stück,
Kaffeesahne, Kaffee, Frischkäse mit Kräutern, Kefir - drei, Vollkornbrot, Wein -
zwei, Leberwurst grob und ein Stück Hefe. Ein mittelschwerer Auftrag für unter
der Woche!
Völlig arglos betrat ich dann,
nachdem ich mir einen Einkaufswagen besorgt hatte, den Supermarkt. Gleich
zuerst kommt der "Obst & Gemüse"-Bereich. Vor den Bananen stand
eine junge Frau und suchte bedächtig nach den schönsten Exemplaren. Dass sie
nach den schönsten Exemplaren suchte, ist eine Vermutung meinerseits.
Jedenfalls ließ sie sich Zeit, so dass ich, in Anstandsabstand wartend, meinen
Blick über sie gleiten lassen musste. Ich war im Handumdrehen nachhaltig
überrumpelt!
Die junge Frau trug, um unten
anzufangen, hochhackige Schuhe. Nicht direkt 'high heels', aber ziemlich 'high'
für unter der Woche. 'Salatstecher' haben wir früher gesagt. Sie trug keine
Strümpfe. Über den nackten Knöcheln begann die hautenge blaue Jeans, die sich
an ihren Beinen bis hinauf zur Taille erstreckte. Ob die Jeans allerdings
einfach sehr eng, oder gar nur auf ihre Haut aufgemalt war, konnte ich nicht auf
Anhieb eindeutig erkennen. Erst beim dritten optischen Nachfassen erkannte ich
an Hand der Nähte der Jeans und an einigen geringfügigen Falten, die der
Jeansstoff in den Kniekehlen warf, dass die Hose mit hoher Wahrscheinlichkeit
echt und nicht gemalt war.
Jedenfalls trat die überaus perfekte weibliche Note des unteren
Teils ihres Körpers mit Hilfe der Jeans sehr nachdrücklich in Erscheinung. In
mir läuteten die Alarmglocken! Wie kommt so ein Wesen in den Supermarkt unserer
Provinzvorstadt?
Und dabei hatte ich ja erst den
unteren Teil der jungen Frau ausführlich inspiziert. Der obere Teil war aber
auch in Blitzbetrachtung nicht weniger überzeugend gewesen. Ein weißes T-Shirt,
darüber ein blaues knappes boleroartiges Jäckchen brachten ihren prachtvollen
Oberkörper vorteilhaft zur Geltung. Ja, ihr Vorteil stand ihrem Hinterteil in
keinster Weise nach!
Das halblange, nach hinten geraffte
dunkle Haar schließlich rahmte ein wirklich majestätisches Gesicht. Keine
Schminke, aber ein Selbstbewusstsein, wie Cleopatra oder Lady Gaga!
Und doch irgendwie nett, so dass
ich mir durchaus vorstellen konnte, mit ihr die Matte zu teilen... wenn auch
vielleicht nicht zur gleichen Zeit... mehr so versetzt... ich abends... sie
morgens... aber immerhin - für ein paar harmlose Phantasien würde es sicher
genügen!
Dann legte sie die Bananen ihrer
Wahl in ihren Korb und schritt davon, ohne sich darum zu kümmern, ob ich ihr
folgen könnte. Ich musste schließlich auch erst Bananen auswählen!
Nachdem ich ihr mit dem Blick bis
zum Ende des "Obst & Gemüse"-Bereiches gefolgt war, legte ich, ohne
lange zu fackeln, ein Bündel Bananen in meine Korb. Ich durfte den Anschluss
nicht verlieren!
Ich eilte, den "Obst &
Gemüse"-Bereich verlassend rechts um die Ecke, wo sich dann, die nach
Warengruppen geordneten Regalgänge reihen. Im Marmeladengang, der zuerst kommt,
war sie nicht. Sie stand zwei Gänge weiter bei den Nudeln. Erleichtert bremste
ich meinen Schritt und suchte unter den Nudelsorten intensiv nach einer
bestimmten Sorte, obwohl Nudeln nicht auf meinem Zettel standen.
Aber wählen Sie mal eine Nudelsorte
aus, die sie ersten gar nicht kaufen wollen und zweitens, wenn ihr Blick
andauernd durch eine, geballten Sexismus verströmende Person abgelenkt wird!
Die bloße Erscheinung der jungen
Frau mit allen Vor-, Unter- und Oberteilen grenzte an Nötigung!
Mir gelang es, sie dann noch
heimlich am Fleischstand und im Weinabteil zu stellen. Im Weinabteil wählte sie
unter den Sektsorten zweimal 'Rotkäppchen trocken'. Ich wählte
einkaufszettelgemäß zwei Flaschen Wein. Allerdings nicht 'Silvaner weiß
halbtrocken', den ich und meine Gudste ansonsten
bevorzugen, sondern zwei Flaschen Rotwein, weil ich vom Rotweinregal aus
einfach bessere Sicht auf die, mich belästigende junge Frau hatte. Eine Figur!
Traummaße - wenn ich meinem sechser Augenmaß trauen durfte.
Als ich dann zu lange am Käsekühlschrank
nach dem Frischkäse mit Kräutern suchen musste, entwischte sie mir durch die
Kasse.
Ich nahm mit letzten Kräften noch
einmal die Verfolgung auf, um mich von der Erscheinung der jungen Frau
belästigen zu lassen, aber auch auf dem Parkplatz war keine Spur mehr von ihr
zu entdecken.
Betrübt kehrte ich nach Hause
zurück und hatte dann Mühe, meiner Gudsten zu erklären, weshalb ich ein Bündel
mit sechs Bananen, statt mit nur fünf, wie mein Auftrag lautete, gewählte und
darüber hinaus eine Tüte 'Riesaer-Vollkornspirellis' mitgebracht hatte. Dass
ich Opfer eines sexistischen Anschlages geworden war, hätte mir meine Gudste
niemals geglaubt.
Eduard
Sachsenmeyer
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