Organspender
Unser Gesundheitsminister Jens
Spahn will, dass alle Bürger in Deutschland Organspender sind, außer, sie
erklären schriftlich, es nicht sein zu wollen. Das ist eine gute Idee. Im
Vertrauen darauf, dass viele Bürger jeglichen bürokratischen Aktionen möglichst
weiträumig aus dem Wege gehen, kann man darauf hoffen, viele Organspender zu
bekommen. Einfach aus Bequemlichkeit oder Faulheit oder Vergesslichkeit, sich
gegen die Organspende schriftlich zu wehren, werden auch spenderunwillige
Bürger zu Organspendern werden! Es wird mit hoher Wahrscheinlichkeit mehr
Organspender geben, als Organempfänger. Das schafft dann ein Überangebot auf
dem Organmarkt. Die Preise für eine Leber werden genauso fallen, wie die Preise
für Pflaumen bei Pflaumenschwemme.
Damit keiner der Spender
benachteiligt wird, werden aber sicher allen anfallenden Spendern alle
verwendbaren Organe entnommen. Diese Organe werden in Tiefkühlschränken
gelagert, bis sich ein geeigneter Empfänger finden lässt.
Deutschland wird auch auf dem
Organsektor Exportweltmeister werden.
Potentielle Empfänger, oder Leute,
die sich vielleicht für einen Organwechsel interessieren, können natürlich über
Internet passende Angebote finden. Die Transplantationsmedizin wird einen
enormen Aufschwung erleben. Wobei kleinere Organwechsel vielleicht auch vom
Empfänger selbst in Heimarbeit durchgeführt werden können. Zum Beispiel ein
kleiner Milzwechsel!
Für den organwechselwilligen Bürger
wird es allerdings nicht einfach sein, den richtigen Zeitpunkt für einen Organwechsel
zu bestimmen. Die Abwägung, ob meine seine über Jahrzehnte geplagte Leber gegen
eine Leber eintauschen sollte, die nur wenige Jahre weniger im Dauereinsatz
war, wird viel Fingerspitzengefühl erfordern. Eine völlig untrainierte Leber
kann aber auch Probleme mit sich bringen. Ähnliche Schwierigkeiten wird es mit
Herzen geben. Und ob ein gebrochenes Herz durch ein kaltes Herz zu ersetzen
ist, kann theoretisch kaum entschieden werden. Es wird zweifelsohne
entsprechende Beratungsstellen geben müssen.
Auch regelmäßige Durchsichten
werden sicherlich die Regel werden. Mit einem perforierten Zwerchfell wird man
nicht mehr durch den TÜV kommen. Und wenn die Abgaswerte nicht stimmen, wird
man keine Zuzugsgenehmigung für bestimmte Innenstadtbereiche bekommen. Die
Organoptimierung wird zu einer Frage des Umweltschutzes.
Große Nachfrage auf dem Organmarkt
wird natürlich bei denjenigen Organen entstehen, deren Spender noch nicht im
Rentenalter war. Organe von Rentnern mit geringer Restlaufzeit werden hingegen
kaum stärker nachgefragt sein. Und wie eben immer auf dem Markt, wird sich ein
Preis entwickeln, der durch Nachfrage und Qualität bestimmt wird. Es wird auch
bei Organen keinen Markt geben können, der sich nicht über den Preis reguliert.
Angebot und Nachfrage werden ihre Wirkung nicht verfehlen. Und es wäre absolut
unvorstellbar, wenn es auf dem Organmarkt keine Luxusangebote geben würde, die
sich eben nur betuchte Leute leisten können. Anderseits wird es günstige Organe
geben, die eben im "Angebot" sind. Vielleicht steigt auch ALDI in den
Organhandel ein?
Alles das kann ich mir lebhaft
vorstellen und auch akzeptieren. Unsre Welt ist, wie sie ist! Das große Problem
bei der ganzen Organwechselei ist für mich eigentlich, dass ich nicht weiß, wer
meine Organe bekommen wird, wenn ich vergessen sollte, mich gegen die
Organspende schriftlich zu verwahren.. Es würde mir überhaupt nicht gefallen,
wenn ich mit meiner Niere einem Knallmax aus der Vorstandsetage der Deutschen
Bank aus der Patsche helfen würde. Oder mit meinem Hirn einem unserer
Spitzenpolitiker! Oder mit meinem Dickdarm einem Fußballmillionär!
Wobei - es könnte allerdings dann
auch Leute geben, die beispielsweise Fan von einem Schlagerstar sind, und
mächtig stolz darauf wären, wenn ihr Star eine Niere von ihnen tragen würde.
Oder eine Gallenblase?
Nein, was mich betrifft, da muss
ich gestehen, dass es nur ganz wenig Leute gibt, denen ich gern mit meinen
Organen zu einem längerem Leben verhelfen möchte.
Viel mehr Leute gibt es, denen ich
meine Arthrose geplagten Hüften gönnen würde. Oder meine Fettleber!
Eduard
Sachsenmeyer
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