Freude
spenden
Ich habe mich wieder einmal, wie
schon oft in meinem Leben, als Freudenspender betätigt. Wenn auch nicht völlig
freiwillig, so doch sehr erfolgreich! Es war letzten Sonntag.
Meine Gudste hatte keine Lust,
alleine für uns beide etwas zum Mittag zuzubereiten. Sie schlug vor, dass wir
in eine Gaststätte gehen könnten. Gegen solch einen Vorschlag habe ich
eigentlich gemeinhin nie etwas einzuwenden. Es wäre auch höchst unklug von mir,
etwas einzuwenden, denn wenn meine Gudste etwas kochen muss, obwohl sie keine
Lust dazu hat, dann wird die entsprechende Mahlzeit zu einer hochexplosiven
Angelegenheit. Da genügt es schon, wenn ich ein Bisschen an der Soße rummäkle,
und schon geht meine Gudste in Luft und schlägt mir vor, dass ich mir doch in
Zukunft meine Fraß gefälligst alleine kochen solle.
Nein, wenn meine Gudste keine Lust
zum Kochen hat, ist Gaststätte eine ungefährliche Alternative.
Ich habe also in weiser Abwägung
aller Nachteile ihrem Vorschlag einstimmig zugestimmt, und wir saßen dann auch
irgendwann in einer Gaststätte. Zuerst haben wir, wie es sich gehört, die
Getränke bestellt. Wenn die Getränke serviert werden, kommt der Zeitpunkt, wo
man die Speisen bestellt. Das wissen wir. Das machen alle so.
Wir waren übrigens nicht die
einzigen Gäste. Viele Leute hatten eine ähnliche Idee gehabt wie wir. Unter den
Leuten war auch ein Hund. Ein Pudel.
Der Pudel lag friedlich auf dem
Boden, hatte seinen Kopf auf die Pfoten
gelegt und guckte mich mit seinem typischen Hundeblick unentwegt an, als würde
er mich kennen. Ich konnte mich aber beim besten Willen nicht erinnern, den
Hund irgendwo bereits kennengelernt zu haben.
Als sich dann jedenfalls die
Kellnerin mit dem Tablett voller Getränke näherte, verlor ich ihn aus dem
Blickfeld. Ich hatte auf dem Tablett mein bestelltes Hefeweizen entdeckt, das
mir blond und hold entgegenlächelte. Ich lächelte zurück. Wir freuten uns
aufeinander!
Kann es einen schöneren Moment
geben, als wie wenn dein Bier im Anmarsch ist!?
Die Kellnerin fasste nach dem
Bierglas, um es vor mir auf den Tisch zu stellen. Die Absicht war eindeutig
erkennbar, aber ihr glitt das Glas, das außen von etwas übergelaufenem Weißbier
feucht war, aus den Fingern. Das gefüllte Bierglas landete in aufrechter
Haltung direkt vor mir hart auf der Tischplatte, wie ein Turner mit steifen
Beinen beim Bockspringen. Dem Glas selbst passierte nichts, nur der Inhalt
schoss wie eine Fontäne in die Luft, verwandelte sich im Flug zu Schaum und
hüllte mich in selbigen von oben bis unten ein. Mein dunkelblaues
Sonntagsjackett hatte weiße Punkte bekommen, als wenn es geschneit hätte.
Im Radio kam gerade das Lied von
Roy Black - "Ganz in weiß mit einem Blumenstrauß…"
Der weiße Schaum ist aber sehr
schnell wieder zu Flüssigkeit geworden. In der Gaststätte befanden sich jetzt
zwei Pudel - ein echter und ein begossener!
Meine Gudste hatte von der
Bierdusche nicht einen Tropfen abbekommen. Sie sagte mit jenem vorwurfsvollen
Ton, den ich an ihr so liebe: "Wie siehst du denn wieder aus?"
Meiner Frisur hatte die Dusche
übrigens wenig anhaben können. Ich nahm mein Taschentuch und wischte mir die
Glatze einfach ab. Das Jackett zog ich aus und hängte es zum Trocknen an den
Kleiderständer. Die Hose ließ ich an und hoffte, dass sie schnell trocknen
würde, damit ich nicht mit nasser Hose würde an die frische Luft gehen müssen.
Wie schnell kann man sich was verkühlen!
Die Kellnerin brachte mir natürlich
unter emsigen Bedauerungsbekundungen ein neues Hefeweizen und bot mir als Trostpflästerchen
einen Schnaps an. Ich wählte einen Becherovka. Das Essen hat dann übrigens
hervorragend geschmeckt.
Die Leute ringsherum konnten in
ihren Gesichtern allerdings bis zum Schluss das hämische Grinsen der
Schadenfreude nicht völlig unterdrücken. Nur der richtige Pudel guckte mich
völlig neutral mit seinem Hundeblick noch so an wie vor der Dusche.
Gelangweilt, aber so, als wie wenn er mich kennen würde. Aber ich kannte ihn
nicht.
Der Verdacht allerdings, dass der
Pudel auf geheimnisvolle Art und Weise den Bierunfall heraufbeschworen hatte,
wuchs mit jedem Blick den wir noch wechselten. Ich würde den Pudel jetzt
jederzeit wiedererkennen!
Eduard
Sachsenmeyer
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