Sonntag, 11. November 2018


Modeworte
Es gibt immer mal wieder so Modewörter, die aus der Jugendsprache kommen. Meistens sind es Wörter mit denen man sein Gefallen für etwas ausdrückt. Oh, das ist klasse! - zum Beispiel.
Wenn ich mich recht erinnere, war der Ausdruck "klasse" in den fünfziger Jahren des vorigen Jahrhunderts aufgekommen. Wenn etwas "klasse" war, musste das aber keinen Bezug zur führenden Rolle der Arbeiterklasse besitzen. Das "Klassesein" kam nicht direkt aus dem Vokabular des Klassenkampfes, sondern vieleicht eher aus der Ecke, dass etwas 'klassisch' ist. Klassische Musik zum Beispiel. Ja, es gibt Menschen, die klassische Musik klasse finden!
Dann irgendwann kam 'fetzt'. "Das fetzt ein!", sagte man, wenn etwas gut gefiel. Der Ursprung von 'fetzt' liegt sicherlich beim Zerfetzen von etwas, zum Beispiel das Zerfetzen des Zwerchfelles! Oder kam 'fetzt' von Fats Domino, einem Pionier des Rockn-Roll?
Die Benutzung des Wortes 'fetzt' wurde übrigens von meiner Großmutter nicht gut geheißen. Meine Oma sagte 'prima', wenn etwas schöner als einfach schön war.
Kurz vor der Wende kam vom Westen das Wort 'geil' in den Osten herüber geschwappt! Ich erinnere mich an eine Sendung im Ostfernsehen, wo eine Beatgruppe auftrat und deren Sänger das Publikum mit "Oh, ihr seid so geil!" - für den donnernden Applaus lobte. Dass man etwas 'geil' findet, hat sich über viele Jahre bis heute halten können. Lediglich eine Steigerung von 'geil' ist dann der Begriff 'oberaffengeil'. Ein berühmter Werbeslogan lautete - Geiz ist geil!
Der sexuelle Hintergrund von 'geil' machte das Wort wohl besonders interessant für die breite Verwendung, weil man sich damit auch als Nicht-Spießer verkaufen konnte. Spießer und andere anständige Leute verwenden 'geil' bis heute nicht. Meine Oma hätte sich eher die Zunge abgebissen, als das Wort zu verwenden.
Ein Wort für etwas nicht so Schönes, welches auch gern benutzt wird, um zu zeigen, dass man ein lockerer Typ und kein Spießer ist. ist der Begriff 'hinterfotzig'. Den habe ich noch nie benutzt. Ich begreife den einfach nicht. Rein anatomisch! Hinterlistig ist klar, aber hinterfotzig? Was ist denn dann vorderfotzig?
Nach der Wende wurde der Osten mit 'super' geflutet. 'Super' konnte sich in allen Gesellschaftsschichten und Altersklassen durchsetzen, wohl weil es weder sexuellen noch fäkalischen Hintergrund besitzt.
Als Gegenteil von 'super' machte sich das fäkalische Wort 'scheiße' breit und wurde gesellschaftsfähig. 'Scheiße' wurde zum meistgebrauchten Adjektiv in Fernsehkrimis und am Arbeitsplatz. Der englisch-amerikanische Begriff 'fuck' findet in der letzten Zeit alternativ zu 'scheiße' auch häufige Anwendung, konnte sich aber bei Leuten, wie ich einer bin, nicht recht durchsetzen, weil hier eine klare Übersetzung fehlt.  Was bedeutet 'fuck'? Bedeutet es 'Mist' beziehungsweise eben 'Scheiße' oder was?
Im Wörterbuch stehen verschiedene Varianten, die ich jetzt hier nicht zitieren möchte. Die direkte Übersetzung wird mit 'ficken' angegeben. Wenn also jemand wutentbrannt das Wort 'fuck' ausstößt, fordert der dann Geschlechtsverkehr, den ihm der Himmel schenken soll?  Oder was soll es bedeuten?
In den letzten Jahren kamen relativ harmlose Worte wie 'cool' oder 'krass' in Ergänzung zu 'geil' auf.
Man kann wahrscheinlich keine Worte mehr finden, die noch abgefuckter sind, als die es schon gibt.
Interessant hingegen sind einige Wortkreationen der Jugendsprache, die bildlich oder beinahe satirisch sind: Zum Beispiel - Ameisentitten für Gänsehaut! Oder - Hagelschaden für Cellulitis. Faltenbügler für Schönheitschirurg. Deppenzepter für Selfiestick. Bürgersteindeko für Hundehaufen. Mafiatorte für Pizza. Gurkendomina für Vegetarierin.
Übrigens Vegetarier allgemein - Leute, die ihre Wurst beim Gärtner kaufen.
Geil finde ich auch den Begriff "Unterhopfung" für den Zustand, dringend ein Bier gegen den Durst zu benötigen. Fuck you Cola!
Eduard Sachsenmeyer


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