Kiste zu, Affe lebt!
Sachsenmeyer schließt die "Kiste" - 19 Jahre erfolgreiches
Kabarett
Der Abschied von meiner Spielstätte
im Chemnitzer Hedwighof, in der ich neunzehn Jahre jede Woche durchschnittlich drei
bis viermal auf der Bühne stand, ist mir zwar nicht leicht gefallen, aber ich
empfinde weniger Wehmut, als vielmehr Stolz!
Ja, das soll mir doch mal einer
nachmachen!
Vorgemacht hat es ja auch keiner! Also
fast einmalig!
Während in den letzten zwanzig
Jahren die Comedy-Welle über Deutschland hinweg geschwappt ist und große
Verwüstungen in den Bereichen des guten Geschmacks und deutscher Sprachkultur
hinterlassen hat, habe ich in Chemnitz eine kleine Kabarett-Spielstätte
etabliert. Sie wurde in der Region Chemnitz zu einem Begriff für sächsisches,
intelligentes, kritisches und zugleich humorlastiges Kabarett.
Die Gag-Dichte der Programme konnte
jederzeit mit jedem Comedy-Programm mithalten. Allerdings wird bei meinen Gags
immer das Vorhandensein einer gewissen Menge an Hirn beim Publikum
vorausgesetzt. Der Spaß reduziert sich nicht auf das Brechen letzter verbaler
Tabus. In jedem meiner Programme knöpfe ich mir in meiner Rolle als
"bauernschlauer Sachsenmeyer" ein Thema vor und beschnüffle es von
möglichst vielen Seiten. Immer satirisch, immer mit Humor, nie mit dem
erhobenen Zeigefinger! Krönender Abschluss war schließlich das Programm
"Hilfe, ich bin frei" , wo ich den Begriff der Freiheit auf die
Waagschale gelegt habe. Denn der Mensch braucht alles - Wärme, Liebe,
Geselligkeit... - und nur wenig Freiheit, wenn überhaupt!
Die meisten meiner Programme hatten
so einen provokatorischen, philosophischen Ansatz. Moral, Demografie, Kunst,
Demokratie... Die Bezeichnung "Philosoph im Arbeitskittel", die mir
ein Rezensent zukommen ließ, gefällt mir deswegen ganz besonders.
Meine kleine schicke Spielstätte im
Chemnitzer Hedwighof konnte reichlich einhundert Besuchern Platz bieten. Oft
gastierten die Weibertruppe "Elfen-Pein" und
"Sachsen-Gaudi". Überwiegend standen aber ich (vorwiegend als
"Sachsenmeyer") sowie Gertholm Mai oder Teresa Junek (vorwiegend am
Keyboard) auf der Bühne.
Alle Texte der insgesamt 36
abendfüllenden Programme kamen aus meiner Feder.
Von einer großen regionalen Zeitung
wurde ich 2012 zum "kultigsten Chemnitzer Original" gekürt.
Den richtigen Zeitpunkt, eine
Karriere zu beenden, haben schon viele verpasst. Denen wollte ich nicht
nacheifern. Jegliches hat seine Zeit! Die allgemeine Lust am kritischen Diskurs
über die Zustände der Gesellschaft, wird geringer. Friede, Freude, Streuselkuchen!
Wozu braucht man in einer Demokratie jemand, der noch selber denkt? Mehrheit
entscheidet!
Und nebenbei - auch ich sehe mich
dem üblichen Alterungsprozess ausgesetzt. Nach zwei Stunden auf der Bühne,
quietschten die Hüftgelenke oft schon bedenklich.
Doch mit der Rente und dem Abschied
von der "Kabarett-Kiste" ist noch kein Ende in Sicht. Die
Möglichkeit, Gastspiele an anderen Orten anzunehmen, wird größer. Der neue
Spielplan (siehe: www.sachsenmeyer-kabarett.de) weist elf verschiedene
Spielorte auf.
Mit der "Kabarett-Kiste"
habe ich mir meinen Lebenstraum erfüllt. Ich hatte die Freiheit, anderen sagen
zu dürfen, was die gar nicht hören wollten.
Stephan Dettmeyer
Juli 2016
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